TELEFONISCHE NEUKUNDENAKQUISE BZW. KALTAKQUISE: WAS GILT ES ZU BEACHTEN?

Gerade für Verkäufer in der Startphase ergeben sich viele Fragen, aber auch „alte Hasen“ sind oftmals nicht richtig informiert: Wie darf der Kontakt mit Verbrauchern aufgebaut werden? Was ist bei der Generierung neuer Geschäftskunden erlaubt? Welche gesetzlichen Hürden gibt es bei der Datenverarbeitung?

Am Telefon, per Brief oder E-Mail darf der Kontakt zu einem Verbraucher nur aufgebaut werden, wenn dieser hierfür sein Einverständnis gegeben hat, also eine Erlaubniserteilung erfolgt ist. „Es gilt das sogenannte‚ differenzierte Einwilligungsprinzip‘“, erklärt Adrian Dinkl von Dinkl Rechtsanwälte aus München. Dies würde sich aus § 7 Abs. 2 und 3 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) ergeben. Darin heißt es: „Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen, bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen Einwilligung oder gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung; bei Werbung unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines Faxgerätes oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt …“ Im Bereich Business-to-Business ist das UWG ebenfalls zu beachten und die Kontaktaufnahme ist hier nur beim Vorliegen eines mutmaßlichen Einverständnisses erlaubt.

„Ob eine mutmaßliche Einwilligung anzunehmen ist, bleibt stets einer Prüfung des Einzelfalles vorbehalten“, sagt der Anwalt und verweist auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 20.09.2007 – I ZR 88/05. Demnach sei von einer mutmaßlichen Einwilligung grundsätzlich dann auszugehen, wenn „der Anrufende davon ausgehen (konnte), dass der Angerufene dem Anruf positiv gegenübersteht“. Dies nehme der BGH zumindest dann an, wenn der Anruf in „einem sachlichen Zusammenhang zu einer bereits bestehenden Geschäftsverbindung steht“. Laut Rechtsanwalt Dinkl setzte sich der BGH in seinem Urteil mit einem Anruf eines GmbH-Geschäftsführers auseinander, der aufgrund eines kostenlosen Eintrages in einem Newsletter mit dem Ziel kontaktiert wurde, diesen in einen kostenpflichtigen Eintrag umwandeln zu lassen. „Der BGH kam hier zu dem Schluss, dass die Annahme einer Ge- schäftsverbindung, die auf eine Befürwortung des Anrufes schließen ließe, aufgrund dieser Umstände noch nicht bejaht werden kann.“

Abgesehen von diesen allgemeinen „Spielregeln“ gibt es viele Nuancen, die eine rechtliche Einschätzung im jeweiligen Einzelfall auf den Kopf stellen können, sodass das jeweilige Vorgehen bei der telefonischen Kaltakquise, insbesondere bei Anfängern, gesondert überprüft und freigegeben werden sollte. Generell gilt: Bei bestehenden Zweifeln empfiehlt sich stets eine Konsultation mit einem Rechtsanwalt.

Im Folgenden aber schon einmal weitere wichtige Informationen:

Wie erfolgt die Erlaubniserteilung?

Die Erlaubniserteilung erfolgt durch eindeutige bestätigende Handlung oder Äußerung. Der BGH setzt hierfür eine „spezifische Angabe“ voraus, die „sachkundig und in freier Entscheidung“ erfolgt. Hierfür ist eine „gesonderte, nur auf die Einwilligung in die Zusendung von Werbung mittels elektronischer Post (oder Telefonanrufen) bezogene Zustimmung“ erforderlich (BGH, Urteil v. 16.07.2008 – VIII ZR 348/06).

Beispielsweise durch Zustimmung am Telefon oder das Ankreuzen eines Kästchens zum Erhalt weiterer Informationen auf der jeweiligen Internetseite. Beim allseits bekannten sogenannten „Double-Opt-in-Verfahren“ bestätigt der Kunde sein Einverständnis über einen Link in einer E-Mail, die er ausschließlich zu diesem Zweck ohne Werbung vom Unternehmer zugeschickt bekommt.

Worauf sollte bei Geschäftskunden besonders geachtet werden?

Insbesondere bei Geschäftskunden sollte die Annahme eines mutmaßlichen Interesses nicht leichtfertig erfolgen. Werbende Unternehmer sollten sich dessen bewusst sein, dass bei ehemaligen Geschäftspartnern oder Unternehmen einer verwandten Branche nicht pauschal davon ausgegangen werden kann, dass sie mit einer erneuten werbenden Kontaktaufnahme ohne Weiteres einverstanden sind.

Dürfen E-Mails und Flyer versendet werden?

Bei einer Kontaktaufnahme über E-Mail oder Fax wird auch bei Unternehmen eine ausdrückliche Einwilligung und nicht bloß ein mutmaßliches Interesse für die Zusendung verlangt. Dies resultiert daraus, dass mit dem Sortieren von E-Mails und Faxen ein zusätzlicher Zeitaufwand verbunden ist und dem Empfänger unerwünschte Kosten durch das Drucken beziehungsweise Speichern entstehen können.

Flyer gehören zur Kategorie der Briefkastensendung und sind grundsätzlich nicht zu beanstanden, da davon auszugehen ist, dass dieser Informationsweg durch ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse des jeweiligen Unter- nehmers gerechtfertigt ist. Sollte der Adressat aber zum Ausdruck bringen, dass er eine solche Werbung nicht wünscht, ist der Wunsch zu respektieren und der Einwurf von Flyern in Briefkästen zu unterlassen, deren Aufkleber diesen Wunsch mit „Bitte keine Werbung“ zum Ausdruck bringen.

Worauf sollten gerade „Anfänger“ generell bei der telefonischen Neukundengewinnung bzw. Kaltakquise achten?

Besonders Anfänger müssen immer wieder darauf hingewiesen werden, das Vorliegen eines Einverständnisses stets noch einmal selbst zu überprüfen und sich nicht auf Zusagen anderer erfahrenerer Händler zu verlassen. So wird in der Praxis nicht selten mit Listen gearbeitet, die Kontaktdaten von Kunden enthalten.

Diese werden von einigen Händlern zum Kauf zur Verfügung gestellt, um Unternehmern einen leichteren Einstieg in die Neukundenakquise zu ermöglichen. Auch wenn solche Listen generell ein Indiz für eine bereits bestehende oder frühere Vertragsbeziehung sein können, ist der damit arbeitende Unternehmer nicht von der Verpflichtung entbunden, die Angaben selbst zu überprüfen. Für die Überprüfung der Angaben in solchen Listen wären zusätzliche Unterlagen erforderlich, denen die Art und die Dauer der geschäftlichen Beziehung zu entnehmen ist.

Welche klassischen Fehler gibt es und wie können sie vermieden werden?

Einige klassische Fehler bei der Durchführung der Telefonakquise bzw. Kaltakquise resultieren aus dem Versuch mancher Unternehmer, über ein fehlendes Einverständnis hinwegzukommen. So bauen sie beispielsweise pauschale Einwilligungen in ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen ein und gehen fälschlicherweise davon aus, dass diese auch über die konkrete Geschäftsbeziehung zum jeweiligen Kunden hinaus Bestand haben werden.

Tatsächlich gilt das erteilte Einverständnis aber nur für die jeweils bereits bestehende Vertragsbeziehung. Darüber hinaus dürfen in Verträgen enthaltene Einverständniserklärungen nicht vorab vonseiten des Unternehmers vorangekreuzt werden, da damit dem Kunden die Möglichkeit einer eigenständigen Entscheidung genommen wird. Deswegen ist eine anwaltliche Überprüfung bei der Ingebrauchnahme solcher Verträge dringend zu empfehlen.

Außerdem wird oft außer Acht gelassen, dass das Einverständnis vor der erstmaligen Kontaktaufnahme bereits vorliegen muss. So reicht es nicht aus, dass der Angerufene zum Beispiel zu Beginn des Telefonates gefragt wird, ob er mit der Werbemaßnahme einverstanden ist. Das Einverständnis muss unbedingt vorher vorliegen. Insbesondere ist vom Unterdrücken der Telefonnummer abzuraten, weil der Anrufer durch dieses Verhalten gegen § 102 II Telekommunikationsgesetz verstößt und dieses Verhalten eine Geldbuße von bis zu 10.000 Euro nach sich ziehen kann. Die Identität des Werbenden darf weder beim Telefonieren noch beim Verschicken von E-Mails in irgendeiner Weise verschleiert werden.

Inwiefern beeinflusst die Datenschutz-Grundverordnung die Neukundengewinnung mittels Kaltakquise?

Die Zulässigkeit der Neukundenakquise bzw. der telefonischen Kaltakquise wird auch nach Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) weiterhin durch das UWG geregelt. Die Regelung des Umgangs mit den gesammelten Daten unterliegt nun aber der DSGVO. Für die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten muss zunächst eine Rechtsgrundlage vorhanden sein. Diese wird für die Kaltakquise regelmäßig aus Art. 6 Abs. 1 S. lit. f) DSGVO hergeleitet.

Was ist bei Vertragsabschlüssen am Telefon zu berücksichtigen?

Für eine vertragliche Vereinbarung ist grundsätzlich keine schriftliche Vertragsurkunde erforderlich. Jedoch birgt der telefonische Abschluss von Verträgen in sich die Gefahr der mangelnden Nachweisbarkeit des Abschlusses. Ein Nachweis ist grundsätzlich nur dann möglich, wenn das Telefonat mit dem Kunden nach Einholung seines Einverständnisses aufgezeichnet wird. Beim telefonischen Abschluss von Verträgen gilt ferner zu beachten, dass ein 14-tägiges Widerrufsrecht besteht. Diese Frist läuft aber erst ab dem Tag, an dem der Kunde eine schriftliche Belehrung über sein Widerrufsrecht erhält. Dieses Widerrufsrecht kann in Sonderkonstellationen verkürzt werden, jedoch liegt auch hier der Teufel im Detail.

Daten zum Zwecke der Direktwerbung kann als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden.“ Darüber hinaus sind dem Verbraucher Informationen nach Art. 13/14 DSGVO zur Verfügung zu stellen, die entweder durch E-Mail im Nachgang an das Telefonat oder Verweis auf relevante Internetseite am Ende des Telefonats übermittelt werden können (siehe rechts). Soweit die Datenerhebung nicht bei der betroffenen Person erfolgt, ist Art. 14 DSGVO zu beachten.

Auch hier sollten sich Unternehmer nicht blind auf Vorlagen verlassen, sondern rechtskundigen Rat dazu einholen, welche Informationen in ihrem Fall zur Verfügung gestellt werden müssen.

INFORMATIONEN NACH
ART. 13 DSGVO BEI ERHEBUNG VON PERSONENBEZOGENEN DATEN BEI DER BETROFFENEN PERSON

a. den Namen und die Kontaktdaten des Verantwortlichen sowie gegebenenfalls seines Vertreters;

b. gegebenenfalls die Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten;

c. die Zwecke, für die die personenbezogenen Daten verarbeitet werden sollen, sowie die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung; d. wenn die Verarbeitung auf Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f beruht, die berechtigten Interessen, die von dem Verantwortlichen oder einem Dritten verfolgt werden;

e. gegebenenfalls die Empfänger oder Kategorien von Empfängern der personenbezogenen Daten und
f. gegebenenfalls die Absicht des Verantwortlichen, die personenbezogenen Daten an ein Drittland oder eine internationale Organisation zu übermitteln, sowie das Vorhandensein oder das Fehlen eines Angemessenheitsbeschlusses der Kommission oder im Falle von Übermittlungen gemäß Artikel 46 oder Artikel 47 oder Artikel 49 Absatz 1 Unterabsatz 2 einen Verweis auf die geeigneten oder angemessenen Garantien und die Möglichkeit, wie eine Kopie von ihnen zu erhalten ist, oder darauf, wo sie verfügbar sind. g. die Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer;

h. das Bestehen eines Rechts auf Auskunft seitens des Verantwortlichen über die betreffenden personenbezogenen Daten sowie auf Berichtigung oder Löschung oder auf Einschränkung der Verarbeitung oder eines Widerspruchsrechts gegen die Verarbeitung sowie des Rechts auf Datenübertragbarkeit;

i. wenn die Verarbeitung auf Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a oder Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a beruht, das Bestehen eines Rechts, die Einwilligung jederzeit zu widerrufen, ohne dass die Rechtmäßigkeit der aufgrund der Einwilligung bis zum Widerruf erfolgten Verarbeitung berührt wird;

j. das Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde;

k. ob die Bereitstellung der personenbezogenen Daten gesetzlich oder vertraglich vorgeschrieben oder für einen Vertragsabschluss erforderlich ist, ob die betroffene Person verpflichtet ist, die personenbezogenen Daten bereitzustellen, und welche möglichen Folgen die Nichtbereitstellung hätte und

l. das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling gemäß Artikel 22 Absätze 1 und 4 und – zumindest in diesen Fällen – aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für die betroffene Person.

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