Titelgeschichte: Frank Thelen – Gründer, Investor, Geek

Gründer und Technologieunternehmer,
Millionen Konsumenten erreichten seine
Produkte und zuletzt war er wieder im TV
auf „Beutejagd“: Frank Thelen gehört zu den
bekanntesten Investoren im deutschsprachigen
Raum. Wie in seiner Autobiografie schildert
der CEO von Freigeist Capital auch hier
schonungslos ehrlich von seinem Leben als
Geek und Investor und spricht über Zukunftschancen sowie Erwartungen an die Politik.
AUFSTEHEN,
EGAL WIE
AUSSICHTSLOS
DIE SITUATION ERSCHEINT

Seinen Antrieb und seine Motivation habe er nie daraus geschöpft, „Karriere machen“ zu wollen. „Ich wollte einfach immer
bauen, entwickeln, erschaffen“, beginnt Frank Thelen zu erzählen. „Das ist bis heute so.“ Tatsächlich gründet er bereits im Jahr
1994, gerade erst 18 Jahren alt, mit Softer Solutions sein erstes
Unternehmen, das zunächst eine schnellere und flexiblere Alternative zur Macromedia-Director-Plattform zur Verfügung
stellt. Nach nur zwei Jahren fusioniert das Unternehmen mit
Pro PC und erstellt und betreibt unter der Marke Create Media unter anderem einige der ersten größeren Websites in
Deutschland. Allerdings räumt er ein: „Als ich 2000 während
der Dotcom-Blase plötzlich 1,4 Millionen DM Wagniskapital auf
dem Konto hatte und wir mit der Twisd AG auf den Börsengang hingearbeit haben, dachte ich, ich hätte es geschafft.“
Thelen erhält das Geld, um einen Linux-basierten Router zu
entwickeln und zu vertreiben, der lokale Netzwerke mit dem
Internet verbindet. Es ist eines der ersten Geräte, die ein Management über eine Webschnittstelle ermöglicht. „Da bin ich
dann auch mal kurz abgehoben“, erinnert sich der Jungunternehmer. „Bis das Geld, für das ich gebürgt hatte, plötzlich weg und die Blase geplatzt war – das hat mich dann hoffentlich für
alle Zeiten geerdet.“ Das Unternehmen hat noch vor Börsengang Insolvenz anmelden müssen.

Private und unternehmerische Erfolge
„Heute weiß ich, dass Erfolg temporär und subjektiv ist“, hält
Thelen fest. Es sei kein Status, der einem nicht mehr weggenommen werden kann, wenn man ihn einmal erreicht hat, im
Gegenteil: „Deshalb ist es in meinen Augen auch so wichtig,
nicht den Erfolg als solchen anzustreben.“ Was bringe es, erfolgreich in einer Branche zu sein, die nicht erfüllend ist, oder
Karriere in einem Unternehmen zu machen, hinter dem man
nicht stehe? Er sagt daher: „Für mich bedeutet Erfolg, jeden
Tag ein bisschen besser zu werden und immer weiterzulernen.“
Der Weg sei das Ziel und deswegen werde er nie an einem
„Heiligen Gral“ ankommen. Fragt man ihn nach konkreten Erfolgen, dann führt er als Erstes an: „Aus privater Sicht ist mein
größter Erfolg meine Frau Nathalie, aber auch hier gilt: Eine
wirklich gute Partnerschaft hat man nicht, sondern muss sie jeden Tag aktiv leben und pflegen.“ Aus unternehmerischer Sicht
sei der Aufbau des Weltmarktführers für Fotoservice Software
ip.labs, das Thelen 2004 gründete und Fujifilm Corporation
Japan vier Jahre später übernahm, sein erster persönlicher Erfolg gewesen und habe vieles ermöglicht. Er weiß auch, wie es
ist, sich von einer Vision zu verabschieden: Mit Doo startete er
hoffnungsvoll ein umfassendes Dokumentensystem mit Apps,
die Daten in Echtzeit mit der Cloud synchronisierten – ein vielfach ausgezeichnetes Produkt.
Jedoch entsprach das Wachstum und das Nutzungsverhalten
nach zwei Jahren auf dem Markt
nicht den Erwartungen des Managements und der Investoren.
Er startete daraufhin eine App,
die sich auf die Lösung eines einzigen Problems konzentrierte
und direkt Umsatz erwirtschaften konnte: Scanbot, eine Dokumentenscanner-App für iOS und
Android, die von Apple bereits
mehrfach ausgezeichnet wurde.
Im Jahr 2016 übergab Thlelen die
CEO-Position an Christoph Wagner. Wenig später gründet er
mit Marc Sieberger, Alex Koch, Christian Reber und Marcel Vogler Freigeist Capital und konzentriert sich seitdem auf Start-upInvestitionen. Seit September ist Thelen dafür wieder auch in
der neuen Staffel von der Sendung „Die Höhle der Löwen“ zu
sehen. Schon zum sechsten Mal bietet die quotenstarke Startup-Show auf Vox innovativen Gründern und aufstrebenden
Nachwuchsunternehmern mit kreativen Geschäftsideen die
Chance ihres Lebens: Mit Pitch-Präsentationen ihrer BusinessVorhaben haben sie die Möglichkeit, erfahrene und vor allem
investitionsbereite Unternehmer zu überzeugen, ihre Visionen
finanziell und mit deren Expertise zu unterstützen.

FÜR MICH BEDEUTET
ERFOLG, JEDEN TAG
EIN BISSCHEN BESSER
ZU WERDEN UND
IMMER WEITERZU
LERNEN

Scheitern noch immer ein Tabu
Was die größte Lehre aus der Pleite und den Rückschlägen
war? „Du musst wieder aufstehen, egal wie aussichtslos die Situation erscheint.“ Er ist überzeugt: Solange man seine innere Passion und seinen Verstand noch hat, kann man es auch
grundsätzlich schaffen, neu Fuß zu fassen. Man müsse nur bereit sein, sehr hart dafür zu arbeiten. Für ihn habe es sich diese Einstellung auf jeden Fall gelohnt. Und vor allem vergisst er
nicht: Es gebe so viele Menschen mit viel härteren Rückschlägen, die das Leben konstruktiv und gut gestalten. „Das war immer eine starke Motivation für mich.“ Leider seien Misserfolge
und Scheitern nach wie vor ein Tabu. Zwar tritt in Deutschland
inzwischen mit den sogenannten FuckUp Nights eine Gegenbewegung auf, aber auch hier sei er kein Fan. Er sagt: „Anstatt
Misserfolge zu glorifizieren, sollten wir einfach akzeptieren, dass
sie Teil des Unternehmertums sind, und lernen, aus unseren
Fehlern zu lernen.“ Sein Gefühl ist, dass man es in Deutschland
schwerer hat, ernst genommen zu werden, wenn man einmal
gescheitert ist. Das müsse sich dringend ändern. Viele große
Unternehmer aus den USA etwa seien schon mal hingefallen
und haben trotzdem hundertmilliardenschwere Unternehmen
aufgebaut.

MEIN HERZ HAT SCHON IMMER
FÜR START-UPS GESCHLAGEN – IN
EINEM GROSSKONZERN WÜRDE
ICH WAHNSINNIG WERDEN.

Investment mit sehr hohem Risiko
Das Venture-Capital-Unternehmen (VC) Freigeist investiert in
Deep-Tech-Start-ups in der Frühphase und ausschließlich eigenes Geld. „Was es uns ermöglicht, im Partnerkreis komplett eigenständige Entscheidungen zu treffen“, erklärt Thelen. Es werde nur in Unternehmen investiert, „die in unseren Augen einen
Mehrwert bringen, und das ist natürlich auch Teil unserer Motivation“. Wenn etwa Kraftblock – seit letztem Jahr ist Freigeist
am Saarbrücker Unternehmen beteiligt – einen entscheidenden
Teil zur Energiewende beiträgt, ist es zumindest Thelen egal, wie
viel Geld am Ende rausspringt. „Dann hat sich das Investment in
jedem Fall gelohnt.“ Er und das Team von Freigeist investierten
auch in das Flugtaxi Lilium, als derartige Transportmittel noch
als Science-Fiction galten. „Ich gehe mal davon aus, dass das in
einem klassischen VC nicht so einfach möglich gewesen wäre,
wo man Investment-Entscheidungen vor den externen Investoren rechtfertigen muss.“ Lilium sei ein Investment mit sehr
hohem Risiko gewesen. CTO Koch jedoch, der ein extrem ausgeprägtes Verständnis für physikalische, elektrotechnische und
technologische Themen habe, hat an das Start-up geglaubt und
so wurde entgegen aller Empfehlungen von Freunden und Bekannten aus der Szene investiert. Was Freigeist außerdem ausmache, sei die jahrelange Expertise, die eigenen Erfahrungen,
die sie als Gründer beim Aufbau von Unternehmen gemacht haben, und die Bereitschaft, mit anzupacken. Man sehe sich mehr
als Co-Gründer denn als Investoren und stehe in sehr engem
Kontakt zu den Start-ups. „Hier können wir mit unserem Kapital
und unserer Erfahrung den größten Mehrwert bieten und hier
sehen wir für uns den größten Hebel“, sagt er und ergänzt: „Mein
Herz hat schon immer für Start-ups geschlagen – in einem Großkonzern würde ich wahnsinnig werden.“ Nichtsdestoweniger erwarte natürlich auch Freigeist von erfolgreichen Start-ups eine
entsprechende Rendite und Thelen räumt ein, dass trotz der
guten Zusammenarbeit mit einem sehr qualifizierten Team es
letztlich nicht immer alle Start-ups am Markt schaffen. Das eigene große Zehn-Jahres-Ziel des erfahrenen Investors ist es daher,
dass Freigeist einen Weltmarktführer im Deep-Tech-Bereich mit
aufbaut: „Hierfür unterstützen wir herausragende Köpfe, die sich
trauen, groß zu denken, mit unserem Kapital und unserer jahrelangen Erfahrung im Unternehmensaufbau.“
Eine Vielzahl neuer Technologien
Für Thelen, der früh das Programmieren lernte und den Großteil
seiner Jugend auf dem Skateboard verbrachte, hat die Fokussierung auf neue Technologien aber noch einen anderen Hintergrund: Er bezeichnet sich als Geek, also jemand, der innovative
Technologien sofort ausprobieren muss. Ist irgendeine neue
Software oder Hardware erhältlich, muss er einfach wissen, was
sie kann. So sei er auch als Investor. Entsprechend sieht er etwa
in künstliche Intelligenz (KI), E-Mobilität, Quantum Computing
und Green Tech eine Vielzahl neuer Technologien, die schon
bald die Forschungslabore verlassen und den Alltag und das Leben der Menschen nachhaltig beeinflussen werden. „Ich habe
diese Technologien in meinem Buch ‚Startup-DNA‘ als Baukasten der Zukunft zusammengefasst – dort erläutere ich auch, wieso ich davon überzeugt bin, dass sie unsere Welt so tief greifend
verändern werden.“ Das Ausmaß der Veränderungen sei kaum
vorstellbar, insbesondere, da besagte Technologien sich exponentiell weiterentwickeln. „Auf diese
Entwicklungen kann der Mensch dann
kaum noch reagieren und genau das
müssen wir jetzt begreifen und schon
jetzt zukunftsorientiert handeln“, ist er
überzeugt. Es sei zum Beispiel nur eine
Frage der Zeit, bis es für einen Großteil
der Bevölkerung keine Arbeit mehr geben wird. „Deshalb sollten wir schon jetzt in den Dialog gehen, wie wir als Gesellschaft mit dieser neuen
Situation umgehen werden. In meinen Augen eine der größten
Herausforderungen in der Geschichte der Menschheit, die uns
hier noch bevorsteht.“
Erwartungen an die Politik
Zukunftsorientiert engagiert sich Thelen daher beispielsweise
auch im „Innovation Council“ der Beauftragten der Bundesregierung für Digitalisierung, Staatsministerin Dorothee Bär. Es
hat die Aufgabe, frühzeitig neue Herausforderungen der Digitalisierung zu identifizieren und Anregungen aus dem Startup- und Wirtschaftsbereich ungefiltert in die Politik zu bringen.
Diese müsse sich ganz klar einbringen, „wenn wir Deutschland
als Wirtschaftsstandort erhalten und weiterhin in Sachen Technologie und Innovation im internationalen Vergleich mithalten
wollen“. Es brauche mehr Kapital für technologische Entwicklungen, bessere Verhältnisse im VC-Bereich, in dem die neuen
Technologien und Innovationen nun mal gerade entstehen und
größere, regulatorische Spielräume für neu entstehende Bereiche. Insgesamt müsse viel schneller auf Innovationen wie zum
Beispiel die Blockchain-Technologie reagiert werden, statt diese
auszubremsen. „Aber dafür braucht es eine Bundesregierung,
die mutige Entscheidungen trifft, und davon sind wir aktuell leider weit entfernt“, hält der Gründer, Investor und Geek abschließend fest.

 

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